In den ARD-Tagesthemen am 10.07. (http://www.tagesschau.de/multimedia/sendung/tt-3048.html) ging es in einem Beitrag ab Minute 17:30 auch um Leipzig. Eine Mutter aus Schleußig kritisierte, dass ihr Sohn das künftige Gymnasium Schönefeld besuchen müsse. Ich habe Frau Fürnberg dazu folgende Mail geschrieben:

Sehr geehrte Frau Fürnberg,

offenbar verfügen Sie über gute Kontakte in die Tagesschauredaktion. So umfassend wie Sie gestern in den Tagesthemen zu Wort gekommen sind, das ist schon bemerkenswert.
Sie sagten, Sie wünschen sich für Ihren Sohn vor allem eine fundierte Allgemeinbildung. Richtig! Auch ich finde, das ist nicht zuviel verlangt, sondern eine Selbstverständlichkeit. Sie sehen sich als Opfer verfehlter städtischer Planungen. Ich gebe Ihnen Recht, dass es natürlich nicht sein darf, dass die Stadtverwaltung sich überraschen lässt von einem plötzlichen Bedarf an Schul- oder auch Kitaplätzen. Hier hat man in den letzten Jahren so richtig geschlafen. Leider wurde der verantwortliche Schulbürgermeister als Belohnung für seine „Leistungen“ vor nicht allzu langer Zeit erst durch den Stadtrat für weitere 7 Jahre in seinem Amt bestätigt.
Das ist nicht schön, aber momentan nicht zu ändern.
Ja, das Gymnasium in Schönefeld wird erst in einigen Jahren fertig sein. Auch das ist nicht schön, aber momentan nicht zu ändern. Und dass vorerst ein Interimsgymnasium geben wird, welches auch nicht so toll aussieht, gefällt auch mir als Schönefelder nicht. Aber jenseits ästhetischer Erwägungen – ich bin fest davon überzeugt, dass die allgemeinen schulischen Rahmenbedingungen, die Bildungschancen und natürlich auch die Lehrer genauso gut sein werden, wie an jedem anderen städtischen Gymnasium.
Wie man dem Schreiben der Stadt, welches sie in die Kamera halten, entnehmen kann, wohnen sie in der Könneritzstraße. Von der Haltestelle Holbeinstraße benötigt man mit der Straßenbahnlinie 1 ohne Umsteigen genau 22 Minuten bis zur Haltestelle Löbauer Straße. Ich halte das für keine Zumutung. Der Schulweg ins Reclam- oder Kant-Gymnasium wäre nur unwesentlich kürzer für ihren Sohn.
Darum geht es Ihnen aber offenbar gar nicht. Kindermund tut ja bekanntlich Wahrheit kund.
Ich finde es sehr bemerkenswert, dass Sie Ihren Sohn in die Kamera sagen lassen, er wolle nicht durch ein „Assi-Viertel“ zur Schule fahren. Sicher haben Sie Ihrem Sohn erklärt, was ein „Assi-Viertel“ ausmacht.
Ja, die Gorkistraße mag nicht so schick sein, wie die Könneritzstraße. Und ja, es gibt hier keine Yuppies und Öko-Hipster. Auch Bioläden und Sushi-Bars fehlen.
Dafür leben hier aber jede Menge „normale“ Menschen. Menschen, die arbeiten gehen oder von Transferleistungen leben müssen, Menschen die viel oder wenig Geld verdienen. Menschen die in Eigentumswohnungen mit Dachterrasse oder in der 70-Quadratmeter-Platte wohnen. Alles Menschen, deren Wohnumfeld man nicht einfach von einem Kind als „Assi-Viertel“ betiteln lassen sollte. Glauben Sie mir, Sie haben dadurch weder sich noch ihrem Sohn einen Gefallen getan. Sie haben eigentlich nur gezeigt, wie wenig sie sich mit Schönefeld und dem neuen Gymnasium, welches Ihr Sohn besuchen soll, beschäftigt haben. Ich bedauere das sehr und möchte Sie einladen, einmal mit Ihrem Sohn nach Schönefeld zu kommen, durch den Mariannenpark zu radeln, das Schloss zu besichtigen und in die Kirche zu gehen, in der Clara Wieck und Robert Schumann geheiratet haben. Vielleicht sagt er ja dann „Mama, hier in diesem Assi-Viertel gefällt es mir.“

Hochachtungsvoll

Ansbert Maciejewski.
Stadtrat