Vergangenen Sonntag beging die katholische Kirche den Sonntag der Weltmission. Seit 1926 gibt es diesen Tag, die Gläubigen sollen sich ihrer „gemeinsamen Verantwortung für die Evangelisierung der Welt bewusst werden“, heißt es im Statut der Päpstlichen Missionswerke von 2005. Missionierung erfolgte und erfolgt bis heute überwiegend mit Hilfe des Klingelbeutelinhalts. Anfang des vergangenen Jahrhunderts waren auch Gerätschaften wie die auf dem Foto sehr gebräuchlich. Heute darf man nur noch Missionsspardose dazu sagen. Auch ich verzichte aus Gründen der political correctness auf die Nennung des volkstümlichen Begriffs.

„Klingelbeutelmission“ ist gut und wichtig und aus caritativen Gesichtspunkten auch immer nötig. Mit „Evangelisierung“ hat das Ganze jedoch nur am Rande zu tun. So bemerkte der polnischstämmige Kaplan Przemysław Kostorz auch sehr zutreffend in seiner Predigt am letzten Sonntag in der Propsteikirche Leipzig, das eigentliche Missionsgebiet heute sei Mittel- und Westeuropa. Die „AG Nachhaltige Propstei“ nutzte die Gelegenheit auch sofort und veranstaltete nach dem Gottesdienst auf dem Pfarrhof ein sogenanntes „Nachhaltigkeitsfest“ und warb für vegetarische und vegane Ernährung.

Manchmal versteh ich, warum Einige beim Wort Missionierung ein Störgefühl entwickeln.

Kanzlerin Merkel war auch vor einigen Tagen missionarisch unterwegs. Und zwar innerhalb der eigenen Partei, beim Landesparteitag in Mecklenburg-Vorpommern. Mit christlichen Weihnachtsliedern nebst Blockflöten-Begleitung solle man sich auf CDU-Weihnachtsfeiern christlicher Werte erinnern, war da zu vernehmen. Offenbar glaubt die Vorsitzende, dass das größte Problem ihrer Partei ist, dass angeblich niemand „Stille Nacht, heilige Nacht“ mitsingen kann. Ich glaube das Gegenteil.

Und wieder versteh ich, warum Einige beim Wort Missionierung ein Störgefühl entwickeln.

Das Schauspiel Leipzig ist schon länger missionarisch unterwegs. „Ein Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter“, kann man auf einem überdimensionalen Transparent lesen.  „Mit einem Zitat von Johann Wolfgang von Goethe an der Bosestraße/Ecke Dittrichring positionieren wir uns für ein weltoffenes, friedliches und tolerantes Zusammenleben aller Menschen in Leipzig!“, heißt es dazu auf den Internetseiten des Schauspiels.

Geheimrat Goethe ist ja sicher schon gewöhnt, dass aus seinen Werken unvollständig zitiert wird.

„Willst du einen guten Namen erwerben, so behandle mit Achtung Kaufleute und Gesandte. Die Großen behandeln Reisende wohl, um sich einen guten Ruf zu machen. Das Land das die Fremden nicht beschützt geht bald unter.“, heißt das komplette Zitat.

Mit Kaufleuten, Gesandten und Reisenden hat in der weltoffenen Messestadt Leipzig nun grad niemand ein Problem. Zu missionarischen Zwecken wird dann eben mal die Hälfte weggelassen.

Und erneut versteh ich, warum Einige beim Wort Missionierung ein Störgefühl entwickeln.

Es ist schon ein Kreuz, mit der Missionierung in Mittel- und Westeuropa. Ich glaube zwar, dass Przemek Kostorz recht hat, dass hier das eigentliche Missionsgebiet des 21.Jahrhunderts ist. Aber irgendwie habe ich auch den Eindruck, dass alle, die hier missionarisch unterwegs sind, sich irgendwie dämlich anstellen. Also ich entscheide mich jedenfalls auch lieber wieder für den Klassiker und werde missio etwas überweisen. Das hat sich wenigstens bewährt. Schönen Sonntag allerseits!