Fünf gebürtige Westdeutsche und ihr Feldzug gegen das Bürgerkomitee Leipzig e. V.

Als „Besserwessi“ beschreibt der Duden eine „Person, die aus den alten Bundesländern stammt und sich gegenüber Bewohner[inne]n der neuen Bundesländer besonders in Bezug auf den politischen und wirtschaftlichen Bereich besserwisserisch und belehrend verhält“.

Ich hatte gehofft, diese Spezies sei endlich ausgestorben. Pustekuchen!

Es gibt sie wieder, die Besserwessis. Und sie treten in Gruppen auf.

Per Email erreichte mich heute eine Pressemitteilung  „Erklärung des Wissenschaftlichen Beirats des Schulmuseums 24.08.16“

Fünf aus den alten Bundesländern stammende Herren präsentieren sich als Erstunterzeichner eines Pamphlets gegen die Gedenkstätte in der Runden Ecke und die handelnden Personen vom Bürgerkomitee Leipzig e. V.

Dass die städtischen Bediensteten Rodekamp(aus NRW) und Brieler(aus NRW) die Position des Leipziger Oberbürgermeisters(auch aus NRW) unterstützen, ist nicht sonderlich überraschend.

Auch die berufliche Karriere der drei anderen Mitunterzeichner hätte ohne die mutigen Demonstranten von 1989 vielleicht anderswo, aber nicht in Leipzig stattgefunden.

Dass ausgerechnet von unbeteiligten Nutznießern der 89er Ereignisse den Akteuren von damals eine „Vereinnahmung des Herbstes ’89“ vorgeworfen wird, läßt mich sprachlos zurück.

Im letzten Satz der Pressemitteilung wird dann klargemacht, worum es den Herren eigentlich geht: „Wir unterstützen daher die Entwicklung des gesamten(!) Areals zwischen Dittrichring, Großer Fleischergasse und Goerdelerring zu einem lebendigen, gegenwartsbezogenen Ort der demokratischen Bildung, zu der das Schulmuseum einen integralen Beitrag leisten wird.“

Kein Wort mehr von 1989, Kein Wort von Stasi, kein Wort von Diktatur oder DDR.

Um es ganz klar zu sagen. Die Runde Ecke ist ein authentischer Ort der Friedlichen Revolution 1989 und muss einer bleiben. Und der Stasi-Kinosaal gehört authentisch zur Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“.

Die Leipziger sollten nicht zulassen, dass ein Oberbürgermeister und fünf Professoren aus dem Westen mangels eigener Betroffenheit die Ereignisse von 1989 in einen neu konstruierten Gesamtkontext stellen.

Den „kritischen Diskurs“ den das Schulmuseum nach dem Willen der Briefschreiber „über zentrale gesellschaftliche Probleme und Herausforderungen des Bildungswesens (…) wozu nicht zuletzt die Themen Zuwanderung, Integration und politische Bildung gehören“ führen soll, darf nicht zu Lasten der authentischen Erinnerung an 1989 stattfinden.

Ein Vorwurf der fünf Akademiker an das Bürgerkomitee lautet übrigens auch „Rechtsbruch“.  Erinnert nur mich das an den Herbst ’89?

Es gäbe noch viel zu schreiben. Aber dieser Blogbeitrag endet hier. Mir ist übel.

PS: Ja, das Titelbild ist frech. Aber die Erklärung der fünf Herren auch.

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5 Kommentare

  1. Bernd Fraunholz ehem.Stadtrat

    Von Demokratie und Geschichtsbewustsein haben diese Leute nichts im Sinn,es ist einfach nur dumm und Bürgerfeindlich wie Restpfosten damit umgehen.Und bei Herrn Jung wäre es an der Zeit die Leipziger zu respektieren.

  2. Thomas Wagner

    Sehr geehrter Herr Maciejewski,

    Ihnen wäre vielleicht weniger übel, wenn Sie sich mehr an die nüchternen Fakten halten, als sich polemisch an Menschen abarbeiten würden, die zufälligerweise nicht in Leipzig geboren wurden. Ich erlaube mir Ihrem Nachnamen zu entnehmen, dass auch Sie Vorfahren haben, die nicht in Leipzig geboren wurden. Das ist überhaupt kein Prolem, denn wer sich für Leipzig verantwortlich fühlt, soll sich auch in den politischen Diskurs einbringen, undabhängig seiner Herkunft oder Parteibuch. Das ist die Demokratie, für die ich persönlich im Herbst 1989 in Leipzig auf die Straße gegangen bin.
    Zum Thema Kinosaal gibt es nun mal seit Jahren den Stadtratsbeschluss, dass den Saal wechselnd das Schulmuseum und das Bürgerkomitee nutzen können. Leider hält sich das Bürgerkomitee in Gutsherrenart nicht daran und genau das ist das politische Problem gerade.
    Wenn Sie gerne das Erbe der Leipziger Montagsdemonstration vom Herbst 1989 bewahren möchten, wäre das vielleicht eher ein Anknüpfungspunkt, als die Herkunft der fünf Akademiker.

    In der Hoffnung auf weniger Verbitterung , keinen Lokalrassismus und mehr Sachlichkeit

    Ihr Thomas Wagner

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