Der Stadtrat hat heute über die Veranstaltungen zum 30.Jahrestag der Friedlichen Revolution im kommenden Jahr debattiert und die Bildung eines Kuratoriums beschlossen. Hier mein Redebeitrag aus der Sitzung:

 

Die CDU-Fraktion hatte bereits im Dezember 2017 eine Anfrage zu den Mitwirkungsmöglichkeiten des Stadtrates bei der Programmgestaltung des Lichtfestes am 9. Oktober gestellt und damit eine Diskussion im Rat ausgelöst.

Der Oberbürgermeister sagte damals, Zitat: „Ich glaube, wir sind gut beraten gewesen, uns nicht in die inhaltliche Gestaltung und die künstlerische Umsetzung einzumischen“.

Wir als CDU-Fraktion haben das anders gesehen und freuen uns, dass wir offenbar nicht mehr die einzigen sind.

Der 9.Oktober ist ein Städtischer Feiertag. Das hat der Stadtrat beschlossen.

Insbesondere das Lichtfest sollte deshalb ein Fest für die Leipziger sein und nicht zum touristischen Event werden.

Es sollte kein Kunstfestival, sondern ein Fest der Erinnerung an 1989 sein, wo durch friedliche Demonstrationen das Ende einer sozialistischen Diktatur eingeleitet wurde.

Wir glauben, dass viele Leipziger mit der Art und Weise, wie das Lichtfest in den letzten Jahren lief, nicht einverstanden sind und deshalb auch nicht mehr hingehen. Seit Jahren stagniert die Teilnehmerzahl, obwohl unsere Stadt ja bekanntlich wächst.

Auch ich kenne viele, die zu Hause bleiben mit der Begründung: „Ich war damals auf dem Ring, aber das hier hat doch mit 1989 nichts mehr zu tun.“

Die einen sagen diesen Satz mit Frust, andere mit Resignation.

Die CDU-Fraktion möchte das Augenmerk darauf richten, mit dem Lichtfest als der größten Veranstaltung zum 9.Oktober gerade diese Menschen wieder zu erreichen.

Wir sollten den 9.Oktober zum Anlass nehmen, darüber nachzudenken, was „Wir sind das Volk“ und „Keine Gewalt“ tatsächlich bedeuten.

Und was Respekt bedeutet.

Und bezogen auf das Lichtfest meine ich ganz besonders den Respekt vor den Menschen, die unter SED-Staat und Stasi-Überwachung gelitten haben.

Respekt vor den Menschen, die 1989 demonstriert haben.

Menschen, die zu Beginn der Montagsdemos nicht wussten, ob sie heil nach Hause kommen.

Menschen, die nicht wussten, ob sie noch am gleichen Abend oder erst am nächsten Tag von der Arbeitsstelle aus „zugeführt“ werden, wie der gängige staatliche Euphemismus für Verhaftungen hieß.

Ich habe Zweifel, ob es tatsächlich ein angemessener Ausdruck von Respekt vor diesen Menschen ist, wenn wie beim Lichtfest 2014 mit künstlerischen Beiträgen unter der Überschrift „Heute hat Observation eine ganz andere Dimension“ versucht wird, Videoüberwachung heute in einen Zusammenhang zum totalitären Überwachungsstaat vor 1989 zu setzen.

Ich frage mich ernsthaft, wessen politisches Geschäft damit eigentlich besorgt werden sollte. Wem nützen künstlerisch verpackte Botschaften im Sinne von „Die Stasi war der Vorläufer der heutigen Kameraüberwachung in Einkaufspassagen und an öffentlichen Plätzen“?

Und ich bin auch der Auffassung, dass es ein Zeichen von Respekt gegenüber den Montagsdemonstranten von 1989 wäre, wenn die Erinnerung an damals wieder in den Vordergrund treten würde und nicht, wie zum Lichtfest im vergangenen Jahr die Verurteilung von rassistischen Witzen und Hass im Internet, sowie die Kritik an Fake-News und Donald Trump das Bühnenprogramm dominieren.

Verstehen Sie mich nicht falsch: es geht nicht um Folklore und Nostalgie. Es geht um die Erinnerung daran, dass hier in unserer Stadt durch friedliche Demonstrationen das Ende einer sozialistischen Diktatur eingeleitet wurde. Und ja, es geht auch darum, Tendenzen einer DDR-Verklärung entgegenzuwirken.

Die CDU-Fraktion ist der Auffassung, dass das Lichtfest nicht in erster Linie eine Bühne für künstlerische Darbietungen sein sollte. Und auch keine Bühne, um vordergründig tagesaktuelle politische Botschaften oder gar Allgemeinplätze zu formulieren.

1989 gab es übrigens auch keine Bühne.

Die CDU-Fraktion findet es gut, das Kuratorium als Beirat nach Sächsischer Gemeindeordnung zu bilden. Vielen Dank an die Fraktion Bündnis90/Die Grünen für diese Idee, für diesen Impuls! Der Vorschlag entspricht unserem Wunsch nach einer „Demokratisierung“ der gesamten Feierlichkeiten. Die Einbeziehung der Akteure von 1989 ist bei der Besetzung des Kuratoriums für uns ein wesentlicher Punkt.

Ich glaube, das ist der richtige Weg. Uns ist es wichtig, den Erinnerungscharakter wieder mehr in den Vordergrund zu stellen.

Vielen Dank.

 

 

27.09.2018 / Ansbert Maciejewski