Drogenprävention in Leipzig – runter vom hohen Ross!

„Leipzig im Rausch: 3600 Drogen-Konsumenten in Betreuung – Crystal Meth auf dem Vormarsch – Crystal Meth ist ein wachsendes Problem in Leipzig. Während die Polizei von anderen illegalen Drogen zuletzt zum Teil deutlich geringere Menge aus dem Verkehr zog, steigen die Funde des aufputschenden Methamphetamins weiterhin an.“, meldete die LVZ am 28.11.2016.

„Mehr Drogendelikte an Sachsens Schulen – Leipzig ist Spitzenreiter bei Drogendelikten an Sachsens Schulen. 34 Straftaten wurden im vergangenen Jahr gezählt. Auch Crystal Meth wurde bei Schülern gefunden“ konnte man am 04.04.2018 lesen.

Dass Drogenkonsum ein wachsendes Problem ist, ist weitgehend unbestritten. Auch in Leipzig. Die CDU-Fraktion hatte Ende 2017 im Stadtrat beantragt, den „Revolution Train“ nach Leipzig zu holen. Dabei handelt es sich um ein in der Tschechischen Republik ansässiges innovatives Drogenpräventionsprojekt, das insbesondere Kindern und Jugendlichen emotional eindrucksvoll und überzeugend die Risiken und Gefahren von Drogen vermittelt und ihre Motivation für einen drogenfreien Lebensweg stärkt. Träger ist der gemeinnützige Stiftungsfonds Nové Česko mit Sitz in Prag.
Hauptzielgruppen sind Schulklassen und Familien mit Kindern.
Die CDU-Fraktion ist der Meinung, dass dieser innovative und ganzheitliche Ansatz für Drogenprävention auch in der besonders stark von Drogenproblemen betroffenen Stadt Leipzig zum Einsatz kommen sollte.

Oberbürgermeister Burkhard Jung möchte das allerdings nicht. In seiner Stellungnahme zu unserem Antrag teilte er unter anderem mit:
„Das Projekt beruht wesentlich auf Abschreckung. Dieser Ansatz gilt in Deutschland seit den 90er Jahren als überholt und entspricht nicht den Qualitätsanforderungen in der Suchtprävention der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen.“
Genau diese Institution teilt uns allerdings jüngst mit: „Im Jahr 2016 wurden in Deutschland 1.333 drogenbedingte Todesfälle polizeilich registriert. Dies entspricht einem Anstieg von 8,7 % gegenüber dem Vorjahr. Damit ist die Zahl der drogenbedingten Todesfälle im vierten Jahr in Folge erneut gestiegen.“ Offensichtlich ist es an der Zeit, den eigenen Ansatz kritisch zu überdenken…

Darüber hinaus teilt der Oberbürgermeister mit, „dass Abschreckungsszenarien bei jungen Menschen geringe bis keine suchtpräventiven Wirkungen zeigen“ und „Wenn überzeichnet dargestellte Folgewirkungen nicht mit den Alltagserfahrungen der Jugendlichen übereinstimmen, verlieren die präventiven Botschaften außerdem an Glaubwürdigkeit.“
Außerdem „fördere die Stadt Leipzig verschiedene Suchtpräventionsprojekte, die Jugendliche an Schulen und in Jugendeinrichtungen langfristig begleiten.“
Eins davon seien die sogenannten „Drug Scouts“, die der OBM als „Beispiel für geeignete Suchtprävention“ bezeichnet.
Auf der Webseite dieses Vereins kann man zum Beispiel lernen, wie man sich bei Polizeikontrollen verhalten muss, damit es möglichst wenig Ärger gibt, wenn man bekifft oder zugekokst Auto fährt.  Außerdem teilt der Verein mit „Sollte Dir das eine oder andere Gesetz ungerecht, unmenschlich oder zu mild erscheinen, gibt es Mittel und Möglichkeiten es zu verändern.“

Was für eine Substanz muss man wohl konsumieren, um so etwas logisch oder auch nur nachvollziehbar zu finden?

Aber zurück zum Revolution Train. Anhand eines Filmes, der aus meiner Sicht ganz und garnicht „überzeichnet“ ist, wird die „Drogenkarriere“ Jugendlicher gezeigt. Lebensnah, inclusive Autounfalltoten, Gefängnis, körperlichem Verfall und sozialem Absturz. Kapitelweise mit verschiedenen Zwischenstationen werden die Besucher des Zuges vor die Aufgabe gestellt, sich mittels eines Fragebogens in einzelnen Situationen zu entscheiden, für oder gegen die Zigarette, Extasy und Heroin. Auch werden sie ermutigt, sich dem Druck von Altersgenossen zu widersetzen.

Kuschelpädagogik ist das sicher nicht. Aber ganz unwirksam scheint Derartiges auch nicht zu sein, denke ich mir. Sonst wäre der „Revolution Train“ jedenfalls sicher nicht als „Projekt des Monats“ im Jahre 2016 auf der Internetseite der Bundesdrogenbeauftragten vorgestellt worden.

Dass es gegen den „Revolution Train“ Widerstand „von Oben“ gibt, kennt der „Erfinder“ des Projektes, Pawel Tuma aus der Anfangszeit in Tschechien. Der Wille, das Projekt zu unterstützen, kam immer von unten, sagte Tuma. Im Landkreis Leipzig gilt das so aber nicht. Landrat Henry Graichen hat offenbar größeren Realitätsbezug als der Leipziger Oberbürgermeister und deshalb den Zug in den Landkreis holen lassen. Man kann ihm dazu nur gratulieren. Ich konnte mich selbst davon überzeugen: Das Angebot wird hervorragend angenommen. Allein am 18.06.2018 haben knapp 500 Kinder und Jugendliche den Zug auf dem Bahnhof in Borna besucht. Eins der Kinder meinte nach dem knapp 90minütigen Zugdurchlauf: „Das war garnicht so langweilig, wie ich dachte.“ Mehr muss man dazu eigentlich nicht sagen. Wenn es mit dem „Revolution Train“ gelingt, Kinder und Jugendliche dazu zu bringen, dass sie nicht abschalten, wenn es um Drogenprävention geht, ist schon viel gewonnen. Pawel Tuma ist wenig verwundert: „90% der Kinder und Jugendlichen geben uns eine 1 oder eine 2.“

Ich gebe eine 1. Und werde mich weiter dafür einsetzen, dass der „Revolution Train“ auch in Leipzig Station macht. Am besten regelmäßig.

Mag sein, dass das Konzept des „Revolution Train“ nicht dem „Leipziger Konzept“ der Drogenprävention entspricht. Nur hat grad dieses Konzept in den letzten Jahren nicht zu einem spürbaren Rückgang des Drogenkonsums geführt. Insofern sollte man in unserer sich sonst so tolerant und weltoffen gebärdenden Stadtverwaltung auch einmal für neue Ansätze offen sein. Nicht als Alternative zu allem Bestehenden, wohl aber als Ergänzung.

 

Ansbert Maciejewski, 19/06/2018

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1 Kommentar

  1. die drugscouts so lächerlich zu machen ist absolut peinlich.

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