Am 9. Oktober 2014 soll erneut mit einem großen Lichtfest an den Herbst 1989 in Leipzig erinnert werden. Anlässlich des diesjährigen 25. Jubiläums der Friedlichen Revolution findet die Veranstaltung erstmalig über den gesamten Ring, entlang des historischen Demonstrationswegs statt. Auf einer Strecke von 3,6 Kilometern sollen 16 Stationen an die Ereignisse von 1989 erinnern.
Der Satz „Heute hat Observation eine ganz andere Dimension“ ist im Programm des Lichtfestes auf Seite 4 zu finden. Auf Seite 5 wird der interessierte Leser dann auf eine Station mit der Bezeichnung „Beobachtungsraum II“ hingewiesen. Eine Schweizer !Mediengruppe Bitnik versucht sich daran, das Thema Überwachen und Beobachten in einen „ganz aktuellen Kontext“ zu setzen. Wir erfahren dazu: „Überwachungskameras sind heute aus dem Straßenbild und an vielen anderen Orten nicht mehr wegzudenken. Für das Lichtfest suchen und dokumentieren die Künstler Überwachungskamerasignale im Stadtraum.“ Illustriert ist das ganze dann mit einer Videoprojektion an Victor’s Residenz-Hotel, die offenbar eine Aufnahme einer Kamera in einer Einkaufspassage zeigt.
Ich frage mich ernsthaft, was die Organisatoren des Lichtfestes sich dabei gedacht haben. Offenbar hielt man es für richtig, Kameraüberwachung heute in einen Zusammenhang zum totalitären Überwachungsstaat vor 1989 zu setzen. Wessen politisches Geschäft soll hier eigentlich besorgt werden?
Künstler „suchen und dokumentieren Überwachungskamerasignale im Stadtraum“. Was haben wir zu erwarten? Die Anzahl der Kameras ist heute mit Sicherheit größer als 1989. Und erst recht größer als 1939.
Was will man mir – ausgerechnet beim Lichtfest 2014 damit sagen? Und – noch viel wichtiger – was will man jungen Menschen, die keine eigene Erinnerung an die Zeit vor 1989 haben, damit sagen? Etwa „Die Stasi war der Vorläufer der heutigen Kameraüberwachung in Einkaufspassagen und an öffentlichen Plätzen“?
Wo bleibt der Respekt vor den Menschen, die unter SED-Staat und Stasi-Überwachung gelitten haben?
Ich bitte um Entschuldigung, aber ich finde „Beobachtungsraum II“ als Station beim Lichtfest einfach nur widerlich.