Für Bildung sind in Deutschland eigentlich die Länder zuständig. Das hält den hohen Rat des weltgrößten Leipzig aber nicht davon ab, seit Jahren sogenannte „Bildungspolitische Stunden“ durchzuführen, bei denen mangels konkreter Zuständigkeit zwar nichts beschlossen wird, jedoch Wortbeiträge unterschiedlichster Qualität ausgetauscht werden. So auch in diesem Jahr. Und zwar genau am 7.Oktober.
Die Stadträte werden im Rahmen der „Bildungspolitischen Stunde“ diesmal etwas über „Politische Bildung“ erfahren. Wie man dem Ablaufplan entnehmen kann, sollen verschiedenste Bereiche der Politischen Bildung beleuchtet werden.
Der Vortrag zum Thema „Politische Bildung – Chancen und Herausforderungen auf kommunaler Ebene“ erfolgt durch den auf obigem Foto abgelichteten leitenden Freundschaftspionierleiter der Stadtverwaltung Leipzig. Dieser wird dabei insbesondere auf den erst kürzlich von Zentralrat der FDJ herausgegebenen Pionierauftrag 2020 eingehen. Man darf gespannt sein…
Aber Spaß beiseite.
Es handelt sich natürlich nicht um einen verbliebenen Freundschaftspionierleiter. Der Herr Töpfer kann schließlich wegen seines jungen Alters nicht mal eine vollständige Laufbahn als Thälmannpionier aufweisen. Einen Namen machte er sich vielmehr als Kämpfer gegen die seit 2009 im ehemaligen Stasi-Kinosaal gezeigte Ausstellung des Bürgerkomitees „Leipzig auf dem Weg zur Friedlichen Revolution“, die er bereits 2016 dort verschwinden sehen wollte. Was Herrn Töpfer konkret bewogen hat, mit der Fahne der politischen Kinderorganisation einer vergangenen Diktatur in der Leipziger Volkszeitung vom 18.Oktober 2017 zu posieren, kann man nur mutmaßen, es passt aber irgendwie auch gut in diesen Kontext.
So richtig gestört hat diese PR-Aktion offenbar niemanden. An einen öffentlichen Aufschrei kann ich mich jedenfalls nicht erinnern. Undenkbar, der Leiter des Schulmuseums hätte sich nicht mit der Pionierfahne aus der DDR, sondern mit Devotionalien der Vorgängerdiktatur in der Presse in Szene gesetzt…
Man darf jedenfalls gespannt sein, was vom politischen Bildungsexperten der Stadtverwaltung so alles vorgetragen wird. Vom Nachspielen einer DDR-Schulunterrichtsstunde, wie es in dem von ihm geleiteten kommunalen „Schulmuseum“ mit Kindern bis heute geschieht, rate ich jedenfalls ab. Das könnte einigen Stadträten dann vielleicht doch zu weit gehen.
Eins kann man jedenfalls jetzt schon sagen: Für den 71. Gründungstag der Deutschen Demokratischen Republik hat sich der Oberbürgermeister mit dieser Referentenauswahl tatsächlich etwas ganz Besonderes einfallen lassen.
Warum der Vortrag ausgerechnet durch diesen Bediensteten des Amtes für Jugend, Familie und Bildung erfolgen muss, erschließt sich mir jedoch auch nach längerem Nachdenken nicht wirklich und bleibt vorläufig das Geheimnis des Oberbürgermeisters. Vielleicht ist mit Herrn Töpfer ja auch Großes geplant? Man weiß es nicht. Bleiben Sie schön neugierig… ☝️
Ansbert Maciejewski, 06/10/2020
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