Rede zum Schulentwicklungsplan, Stadtratssitzung am 20.04.2016
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren Stadträte, liebe Gäste,
Lange wurde diskutiert über den Schulentwicklungsplan. Was uns heute zur Beschlussfassung vorliegt, basiert – wie wir schon hörten – auf einer fragwürdigen Zahlenbasis. Es geht aber eben nicht nur um irgendwelche Zahlen, sondern hinter diesen Zahlen stehen Menschen. Und ganz konkrete Probleme vor Ort. Was das genau im Einzelnen bedeutet, möchte ich an einem Beispiel aus – wen wundert es – Schönefeld erläutern. Ob sich jemand bei seiner Arbeit Mühe gegeben oder geschlampert hat, erkennt man oft sehr schnell. Und hier gibt es den ersten Anlaß zur Verwunderung: So erfährt der geneigte Leser auf Seite 48 oben, ich zitiere “Im südlichen Teil des Stadtbezirkes Nordost liegen im Ortsteil Schönefeld-Abtnauendorf die Clara-Wieck-Schule und im Ortsteil Schönefeld-Ost die A.-Lindgren-Schule. Beide – ich wiederhole – beide Ortsteile sind überwiegend durch Mehrgeschossplattenbauten aus den 1970-er Jahren geprägt. Ich möchte Herrn Fabian bitten, mir gelegentlich in dem Ortsteil, der Schönefeld-Abtnaundorf und nicht Abtnauendorf heißt, einen Mehrgeschossplattenbau zu zeigen. Mir ist in den letzten 40 Jahren keiner aufgefallen. Ich trau mich auch garnicht, zu fragen, wann zuletzt einer der Autoren des Schulentwicklungsplanes vor Ort war, um sich selbst ein Bild zu machen. Ich befürchte, hier waren reine Schreibtischtäter am Werk. Und es ist eben so: Wer Grundlegendes falsch aufschreibt, dem nimmt man auch in fachlichen Fragen die Sachkompetenz nicht ab. Kommen wir also zur Clara-Wieck-Schule: Diese ist für 4,5 Züge ausgelegt mit steigender Tendenz zu einer Fünfzügigkeit, wie es im Plan heißt. Die Gebäudekapazität wird zukünftig vollständig ausgelastet sein. Bei steigenden Schülerzahlen liegen die Raumreserven in der verstärkten Doppelnutzung zwischen allgemeinen Unterrichts- und Horträumen“, kann man lesen. Alles prima, möchte man meinen. Problem gelöst. Aber: so ist es mitnichten.
Verstärkte Doppelnutzung von Unterrichts- und Horträumen bedeutet im konkreten Fall komplette Doppelnutzung aller Räume. Herr Prof. Fabian, bedeutet diese Doppelnutzung nicht in Wirklichkeit, dass das von Ihnen bestätigte, an der Clara-Wieck-Schule praktizierte offene Hortkonzept beendet ist? Ich will das garnicht kritisieren – im Gegenteil. Aber ist nicht damit auch größerer Personalbedarf im Hort verbunden? Und: In wievielen Schulen ist das noch der Fall und warum steht das nirgends in diesem Plan hier? Wäre es nicht ehrlicher, zu sagen, Wir suchen einen neuen Standort für den Hort? Laut Kitagesetz sind Horte Einrichtungen, die auch an Grundschulen errichtet und betrieben werden können. Können, aber nicht müssen. Räume sind das eine, Freiflächen die andere Seite der Medaille. Laut Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung müssen Halteeinrichtungen für Füchse und Marderhunde eine Grundfläche von mindestens zwölf Quadratmetern aufweisen. Selbst für Sumpfbiber ist eine Grundfläche von mindestens vier Quadratmetern vorgesehen. Ganze 3,64 Quadratmeter sieht Prof. Fabian künftig als Freifläche für die Kinder an der Clara-Wieck-Schule vor. Genau 1820 Quadratmeter Schulhof sollen sich laut Schulentwicklungsplan künftig an der Clara-Wieck-Schule 500 Kinder teilen. Ist das jetzt alles, Herr Prof. Fabian? Gibt es bereits Pläne zur Schulhoferweiterung an der Clara-Wieck-Schule? Der Schulhof ist für die Hortnutzung bereits jetzt schon zu klein. Nach Empfehlung des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales zu den räumlichen Anforderungen an Kindertageseinrichtungen soll das Grundstück eine Freispielfläche von 10 m² je Platz umfassen. Hat das Schuldezernat das Problem erkannt? Falls ja, warum steht davon nichts im Plan? Darüber hinaus wird zukünftig im Stadtbezirk Nordost, im Bereich Schönefeld, noch ein zusätzlicher Bedarf für ca. 2,5 Zügen (10 Klassen) entstehen. Entsprechend dieser Entwicklung muss dann mit Kapazitätserweiterung reagiert werden – so steht es lapidar im Schulentwicklungsplan. Herr Professor Fabian, bitte verraten Sie mir und den Schönefeldern, wo diese zweieinhalbzügige Grundschule hin soll. Haben Sie ein Grundstück oder haben sie wenigstens eins im Auge? Und: haben Sie mit Kollegen Albrecht bereits über möglicherweise notwendigen Flächenankauf gesprochen? Oder haben Sie sich nur den alten Politikerleitspruch zueigen gemacht: „Nicht das Erreichte zählt – sondern das Erzählte reicht.“? Sehr geehrter Herr Prof. Fabian, Sie müssen all diese Fragen nicht jetzt beantworten. Vermutlich haben Sie die Antworten ohnehin nicht parat und vielleicht haben Sie auch eben viel Neues erfahren. Ich werde das alles nochmal aufschreiben und als Anfrage zur nächsten Ratssitzung einreichen. Ich glaube, dieser Schulentwicklungsplan kann tatsächlich nur ein vorläufiger sein. Er greift in der Analyse zu kurz und läßt zu viele Fragen offen bzw. stellt sie garnicht erst. Es ist gut, dass dieses Kapitel heute beendet wird. Ich möchte jedoch nicht, dass irgendwann über den gesamten Stadtrat gesagt wird, was in der gestrigen LVZ über einen Bürgermeister der Stadt Leipzig ausgeführt wurde, ich zitiere: „Er hat auch betroffen geschaut, aber geschehen sei nichts“. Wir müssen deshalb unverzüglich wieder an die Arbeit gehen, einen neuen, einen realistischeren Schulentwicklungsplan zu erstellen. Der gemeinsame CDU/SPD-Antrag weist dazu den Weg. Und hier bitte ich Sie alle dringend um Zustimmung. Kommen wir nicht zu einer anderen Aufstellungsmethodik, wird der nächste Plan nämlich auch bloß nicht besser und wir können auf dem Deckblatt gleich Brecht zitieren: „Ja; mach nur einen Plan, sei nur ein großes Licht! Und mach dann noch´nen zweiten Plan
gehn tun sie beide nicht.“ Vielen Dank!
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