Auf www.leipzig.de sowie in zahlreichen Sonntagsreden trägt man in Leipzig immer gern die Rolle der Stadt im Herbst 1989 vor sich her. Mit dem Lichtfest wird jährlich zum 9. Oktober ein mittelgroßes und alle fünf Jahre ein ganz großes Rad gedreht und viel Geld eingesetzt, um Leipzig als „Stadt der Friedlichen Revolution“ ins Gespräch zu bringen.

Wie man der heutigen LVZ entnehmen kann, sieht die Alltagsrealität jedoch leider anders aus. Die seit 2009 im ehemaligen Stasi-Kinosaal gezeigte Ausstellung des Bürgerkomitees „Leipzig auf dem Weg zur Friedlichen Revolution“ soll demnächst verschwinden.

Die SPD-Stadtratsfraktion hat bereits im Juni 2016 einen entsprechenden Antrag eingereicht. Statt der Austellung zur Friedlichen Revolution möchten die Sozialdemokraten gerne, dass dort eine Ausstellung der Bundeszentrale für Politische Bildung gezeigt wird, die den Titel „Was glaubst Du denn? Muslime in Deutschland“ trägt und im Übrigen bereits 2014 in Leipzig zu sehen war.

Flugs erstellte das von SPD-Schulbürgermeister Fabian geführte Schuldezernat einen zustimmenden Verwaltungsstandpunkt zum besagten SPD-Antrag. Natürlich wird von Seiten der Stadtverwaltung auch gleich argumentiert, es ginge nicht darum, „Themen gegeneinander auszuspielen“ (Dr. Thomas Töpfer vom städtischen Amt für Jugend, Familie und Bildung gegenüber der LVZ). Wie glaubwürdig derartiges ist, mag jeder für sich selbst bewerten. Offenbar ist es der Stadtverwaltung seit 1. März nicht gelungen, einen geeigneten Ort für die Wanderausstellung der Bundeszentrale zu finden. Seit diesem Zeitpunkt bewirbt die Stadt Leipzig diese Ausstellung jedenfalls auf ihrer Internetseite.

Der Stadtrat wird demnächst abstimmen müssen, ob die Friedliche Revolution den Muslimen weichen muss. Ich befürchte, die Mehrheit dafür steht bereits. Dass die Linkspartei sich bei der Abstimmung auf die Seite des Herbst ’89 schlagen wird, ist eher unwahrscheinlich. Und ob die Grüne Fraktion ihren Wurzeln treu bleibt? Es wird eine knappe Abstimmung.

Wenn wir Leipzig wirklich als die „Stadt der Friedlichen Revolution“ sehen und als solche wahrgenommen werden wollen, sollten wir uns auch 365 Tage im Jahr daran halten und nicht nur am 9. Oktober Nostalgie-Events organisieren.

Bleibt zu hoffen, dass der SPD-Antrag im Stadtrat abgelehnt wird. Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt…