Horst Seehofer stellt fest, „dass die Union auf der rechten Seite eine offene Flanke“ habe. Es komme darauf an, „diese Flanke zu schließen“. Und Stanislaw Tillich sagt: „Wir müssen umschalten, da hat Seehofer recht. Ich unterstütze seine Forderung nach einem Kurs „Mitte-rechts“.“

Ferndiagnostiker aus westlichen Bundesländern meinen andererseits, die hohen AfD-Ergebnisse wären die Quittung in den Ländern, wo die Union sich nicht bedingungslos der Politik der Kanzlerin angeschlossen hätte. 

Worum geht es eigentlich?

Was sind linke Wähler? Wahrscheinlich die, die ihre Kreuze bei SPD, Linkspartei und Grünen setzen. 2013 waren das bei der SPD 25,7%, bei den Linken 8,6% und den Grünen 8,4%. Macht zusammen 42,7%.

Am 24.September 2017 sah das Ganze so aus: SPD 20,5%, Linke 9,2% und Grüne 8,9%. Macht zusammen 38,6%, also 4,1% weniger als vor vier Jahren.

Die Wahlbeteiligung 2017 lässt nicht vermuten, dass potenzielle Wähler für das linke Lager in Größenordnungen daheim geblieben sind. Die Union hat auch keine Wähler an das linke Lager verloren. Und ich habe auch noch niemanden getroffen, der ernsthaft behauptet hat, dass die Verluste der Union darauf zurückzuführen sind, dass man „zu rechts“ gewesen sei.

„Ich kann nicht erkennen, was wir jetzt anders machen müssten“, sagt Angela Merkel und bestätigt damit alle, die der CDU-Parteivorsitzenden schon seit längerer Zeit schleichenden Realitätsverlust unterstellen. 

Offensichtlich sind Seehofer und Tillich näher an der Basis und nicht nur deshalb der Kanzlerin ein ganzes Stück voraus. Zumindest deuten die Äußerungen des sächsischen Ministerpräsidenten darauf hin, dass landespolitische Hausaufgaben gemacht werden. Gerade in Sachsen hat sich die Union durch eine explizit konservative Politik hervorgetan. Schuldenabbau, sparen, Finanzen in Ordnung bringen für die Zukunft.

Was aber beim Bürger spürbar ankam, waren stinkende Schulklos, marode Kitas, vernachlässigte Infrastruktur im ländlichen Raum, Abwanderung in die Städte oder Richtung Westen, zu wenig Lehrer, zu wenig Polizei, weniger Sicherheit.

Vieles können Menschen ertragen, aber eben nicht das Gefühl, veralbert zu werden. Und dieses Gefühl stellte sich 2015 akut ein und verstärkte sich bis zur Bundestagswahl.

Im Jahr 2015 war nämlich auf einmal Geld da. Jede Menge sogar. Aber eben nicht für „diejenigen, die schon länger hier leben“, wie Angela Merkel es formuliert. Genau diese Menschen hätten aber gerne in den Jahren zuvor auch mal monetäre Zuwendung aus dem Steuersäckel für ihre eigenen Belange gehabt. Da ging nämlich nichts. Garnichts. 

Am Ende entsteht der Eindruck: Man arbeitet, baut Schulden ab und spart, damit das Geld demnächst für Flüchtlinge ausgegeben werden kann.

Und dann sind diese Flüchtlinge auch noch zum großen Teil junge, sehr selbstbewusste und kräftige Männer oft ungeklärter Herkunft und nicht wie aus dem Balkankrieg erinnerlich, verhärmte, verängstigte Gestalten, Frauen, Kinder und Greise aus bosnischen Bergdörfern. Und der Bürger fragt sich: warum kämpfen diese jungen Männer nicht auch, um ihr Land zu befreien, wenn schon unsere Bundeswehrsoldaten in Afghanistan den Kopf hinhalten?

Die Politik redet inzwischen munter weiter über Integration und Familiennachzug, statt darüber, wie wir diesen Menschen möglichst schnell die Rückkehr in ihre Heimat ermöglichen und dort Frieden schaffen können.

Den von der Wirtschaft viel beklagten Fachkräftemangel werden die aktuellen Flüchtlinge mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht ansatzweise beheben können. Vielleicht deren Kinder in 20 Jahren. Aber mal ehrlich: ist das ein humanistischer Denkansatz? Es ist in letzter Zeit auch erstaunlich still geworden an der Front der Wirtschaftskapitäne. Vielleicht wird man ja doch langsam klug und versucht einmal, den Fachkräftemangel mit Hilfe der EU-Länder zu lösen, die an besonders hoher Jugendarbeitslosigkeit leiden. Da gibt’s dann immer noch Sprachhürden, aber kein so großes Problem mit Schulabschlüssen und ein kulturelles schon gar nicht.

Und nun haben eben viele Wähler zur Bundestagswahl die Möglichkeit genutzt, um zu sagen: Bis hierher und nicht weiter.

Es hilft eben nicht, Politik zu machen, die kein Mensch versteht. Es geht auch nicht darum, diese Politik einfach nur besser zu erklären. Die Union muss endlich wieder Politik aus einem Guss machen, die von den Menschen auch ohne Erklärung verstanden wird. Das gilt für Berlin, aber auch für Dresden. Und ja, auch für Leipzig. Für unsere stinkenden Schultoiletten sind weder Angela Merkel noch Stanislaw Tillich zuständig. Und auch nicht die Flüchtlingskrise.

Nota bene: Ob etwas links, rechts oder mittig ist, interessiert die Menschen herzlich wenig. Und links und rechts sind auch nicht das Hauptproblem der Politik. Das Hauptproblem der Politik ist das Drunter und Drüber. Und es ist Zeit, dieses Drunter und Drüber zu beenden.

Und wenn heute die Rückkehr zu vernünftiger Politik als Mitte-rechts beschrieben wird, dann möchte ich genau das haben. Auch, weil Drunter und Drüber aus meiner Sicht immer ein Wesensmerkmal linker Politik war.